Nizza
am 23. Dezember
Wir
beginnen den Tag mit einem petit dejeune in unserer geschmackvollen, kleinen,
zentral aber ruhig gelegenen Wohnung, die wir für eine Woche gemietet haben.
Etwa ab 10 Uhr vormittags erhebt sich die Sonne über die gegenüberliegenden
Häuser und taucht unsere Zimmer in dieses faszinierende südliche Licht, dass im
Winter sanfter erscheint, als im Sommer. Wir sind nicht in Eile, Nizza hat kein
Potenzial, um am Stendhal Syndrom zu leiden. Diese Krankheit wurde das erste
Mal bei dem französischen Schriftsteller Stendhal diagnostiziert, als er
Florenz besuchte und vor lauter Sehenswürdigkeiten in temporären Wahnsinn
verfiel. Nizza hat keinen Louvre, keine Museeumsinsel, kein Empire State
Bulding und auch keine Golden Gate Bridge. Nizza ist in gewisser Weise vollständig
unspektakulär, wenn da nicht die Bucht, die Promenade, die Stadt und das Licht
wäre. Im Winter ist es zudem nicht überlaufen und erstaunlich preiswert. Selbst
im besten Hotel der Stadt, dem legendären Negressco, könnten wir uns ein Zimmer leisten.
Wir
legen den kurzen Weg zur Promenade zu Fuss zurück. Unterwegs trinken wir einen
Kaffee auf der Terasse des Cafe de Lyon und genehmigen uns quasi, als zweites
Frühstück, ein Milles feuille, eines dieser kleinen französischen Wunder aus
Blätterteig und Creme.
Die
Promenade des Anglais, angelegt für die verrückten Engländer im 19.
Jahrhundert, die sich hier damit vergnügten am Meer auf und ab zu laufen, um
den kalten Wintern in England zu entgehen, ist das Zentrum der Stadt. Heute
machen es die Bewohner den Engländern nach und laufen an diesem sonnigen
Dezemberfrühlingstag die Promenade auf und ab. Ein Laufsteg des Volkes. Wir
gehen den belebten Straßenzug entlang an den alten und neuen Gebäuden und
erreichen die Villa des Monsieur Massena. Ein Palast des 19. Jahrhunderts in
einem traumhaften Garten gelegen. Das Personal ist freundlich, wir dürfen
eintreten und uns im Haus ein wenig umsehen. Alter Prunk, alte Gemälde,
großartige Kerzenleuchter, nur alles ein wenig zuviel von allem. Wir verlassen
das Museeum durch den Garten, in dem eine Gedenkstätte für das Attentat des 14
Juli errichtet wurde. Blumen und Kerzen erinnern an die Opfer des grausamen
Anschlags mit über 80 Toten. Wir halten inne.
Zurück
auf der Promenade ist die Menge dichter geworden. Auf dem Strand, etwas tiefer
gelegen, haben einige Restaurants ihre Tisch und Stühle aufgestellt. Die Tische
weiss eingedeckt mit blauen Gläsern und Stoffservietten. Es lockt uns
dort Mittag zu essen und darum wir lassen uns auf der Warteliste
eintragen. Aus den angekündigten 20 Minuten werden über eine Stunde Wartezeit,
aber es lohnt sich.
Wir
erhalten einen Tisch in der ersten Reihe. Nur der Strand, das Meer und die
Sonne vor uns. Als wir unsere Bestellung aufgeben, ist es bereits drei
Uhr am Nachmittag. Als erstes kommt, wie es sich gehört, der Wein. Die Sonne
ist so warm, dass inzwischen ein Hemd fast schon zuviel ist. Das Essen ist
köstlich, eine ordentliche Portion und der Preis akzeptabel. Das Schöne an der
langen Wartezeit ist, dass wir beim Dessert den Sonnenuntergang erleben. Alles
erinnert an die wunderbaren Gemälde des amerikanischen Malers Jack Vettriano,
Bilder, auf denen ein livrierter Kellner einem elegant gekleideten Paar
am Strand ein Abendessen serviert. Allein
sind wir nicht. Aber in einem bescheidenen Sinne ist es ein Wunder.
Die Sonne,
die glutrot hinter einer einzigen kleinen dunklen Wolke dramatisch im Meer
versinkt, die leuchtende Stadt, gesäumt von den hunderten Scheinwerfern
der Autos, die die Promenade entlangfahren und am Strand die feuchten,
glattgeschliffenen Steine des Kieses, die im Glanz der untergehende Sonne
blitzen, wie Millionen von Edelsteinen.
Mit
Freunden im Dezember den Frühling, das Licht, die untergehende Sonne, dazu ein
Glas Wein und französische Essen, dass alles am Strand von Nizza zu erleben,
das ist ein wirkliches Weihnachtswunder.
wie schön, an eurem Fest so teilzuhaben!
AntwortenLöschen